Für jeden Topf gibt es einen Deckel – oder?
- lena.literatur
- 30. Juni
- 5 Min. Lesezeit

Heute nehme ich mal einen Satz unter die Lupe,der mir als alleinlebende Frau so oft begegnet ist, dass ich gar nicht mehr sagen kann, ob es hundert oder tausendmal war:
„Für jeden Topf gibt es einen Deckel.“
Ein Satz, der so dahin gesagt wird. Er soll von der eigenen Lebenserfahrung zeugen, vielleicht Trost spenden, Zuversicht vermitteln, die Hoffnung auf ein gutes Ende in Aussicht stellen. Und vielleicht hat er dir auch schon einmal ein Lächeln entlockt – oder dir Mut gemacht?
Ich lade dich heute zu einem kleinen Perspektivwechsel ein. Nicht, um diesen Satz schlechtzumachen, sondern um ihm mehr Raum zu geben. Denn manchmal ist es nicht der Deckel, der fehlt – sondern die Frage, ob wir diesen Deckel zur Vollständigkeit überhaupt im Außen suchen und finden müssen?
Warum „Für jeden Topf gibt es einen Deckel“ mehr als ein Spruch ist
Für jeden Topf gibt es einen Deckel – das klingt nach Vollständigkeit, nach einer harmonischen Ergänzung. Zwei Teile, die perfekt zueinander passen.Viele kennen auch die Variante: „Auf jeden Topf passt ein Deckel.“
Beide Redewendungen vermitteln - wenn man genau hinschaut - die Idee, dass es für jeden Menschen irgendwo das passende Gegenstück gibt. Der Richtige kommt schon noch. Du findest auch noch deinen Märchenprinzen.
Doch was bedeutet das für die, die (noch) niemanden gefunden haben – oder ganz bewusst allein leben?
Unbewusst schwingt oft eine Botschaft mit: Du bist erst vollständig, wenn da jemand ist, der zu dir passt. Und genau hier lohnt sich der Blick hinter die Metapher.
Mir persönlich ist auch häufig die Frage begegnet, ob ich wohl zu schwierig sei, weil es keiner mit mir aushält. Auch nett ist die Vermutung, meine Ansprüche seien sicher zu hoch.
Auf die Idee, dass ein Mensch so individuelle Bedürfnisse hat und die meinen eben sind, möglichst viel Raum für mich zu haben, kommt man gar nicht. Es ist kein Okay sein, sondern nur ein vorübergehender, unguter Zustand.
Was macht dieser Satz nun mit denen, die ihn hören?
Wenn dir immer wieder gesagt wird, für jeden Topf gibt es einen Deckel, kann das ein Gefühl von Mangel erzeugen. Als wäre etwas noch nicht erreicht. Als müsste dein Leben noch ergänzt, vervollständigt, „abgedeckt“ werden.
Doch wer sagt eigentlich, dass ein Topf ohne Deckel nicht gut funktionieren kann?
Ein Topf ohne Deckel – was passiert dann?
Ein Topf ohne Deckel lässt Wasser verdampfen.
Wärme entweicht.
Aromen verfliegen.
Was, wenn ich selbst der Deckel zu meinem Topf bin?
Vielleicht bin ich schon vollständig. Vielleicht bin ich kein halbes Set.Vielleicht bin ich ein ganzer Mensch – auch ohne Partner:in an meiner Seite.
Diese Frage ist nicht automatisch ein Rückzug aus Beziehungen. Sie ist ein Ausdruck innerer Freiheit – und von Selbstwirksamkeit.
Wer spürt, dass er sein Leben aus eigener Kraft gestalten kann, begegnet anderen Menschen nicht aus Bedürftigkeit, sondern aus echtem Interesse.Wenn ich mich selbst annehme, mich ernst nehme, mir genüge – dann können Begegnungen auf Augenhöhe stattfinden.Nicht als Ergänzung. Sondern als Wahl.
Neue Deutung: Für jeden Topf gibt es einen Deckel – manchmal kommt er von innen
Lass uns die Redewendung neu interpretieren. Nicht als Suche nach dem fehlenden Gegenstück, sondern als Einladung zur Selbstverbindung.
Denn ja – für jeden Topf gibt es einen Deckel. Aber manchmal wächst er nicht von außen zu, sondern von innen heraus. Als Klarheit. Als Selbstachtung. Als innere Ruhe.
Und wenn dann doch jemand ins Leben tritt, der mitschwingt – umso schöner. Nicht als Rettung, sondern als Resonanz.
Für alle, die den Satz sagen – und für alle, denen er gesagt wird
Wenn du jemandem das nächste Mal sagen möchtest: „Für jeden Topf gibt es einen Deckel“ – dann vielleicht mit einem Augenzwinkern: "Was, wenn ich selbst der Deckel zu meinem Topf bin?"
Und wenn du diesen Satz selbst oft hörst, vielleicht sogar etwas zu oft: Lass ihn nicht zu schwer werden. Du hast keinen Mangel, nur weil du als Single lebst oder ohne Team arbeitest. Du bist keine offene Baustelle, sondern in einem wunderbaren immerwährenden Wandel. Du bist eine Seele mit einem Körper, mit Tiefe, Geschichte, Entwicklung – ganz gleich, ob jemand neben dir sitzt oder nicht. Es ist deine Lebensreise.
Eine kleine Erinnerung zum Mitnehmen
Ich habe zu diesem Gedanken übrigens auch eine Karte gestaltet:
Ein Impuls für alle, die sich selbst genügen möchten – und das Leben nicht nur durch die Augen anderer betrachten.
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Das bringt mich zu einem weiteren Gedanken.

Führst du mit dir selbst eine Wochenendbeziehung?
Wenn wir an Wochenendbeziehungen denken, geht es meist um zwei Menschen, zwei Orte, geteilte Zeit. Wir fragen uns: Können wir das? Wollen wir das? Hält das auf Dauer?Manche wägen nüchtern ab, andere stürzen sich kopfüber hinein – verliebt, überzeugt, risikobereit. Im Außen hört man allerlei Meinung dazu, nicht selten ein: Also ich könnte das ja nicht.
Das Führen einer Wochenendbeziehung ist oft ein Kompromiss – akzeptiert, weil Nähe wichtig ist, auch wenn sie nicht täglich möglich ist. Manchmal schleicht sich dabei Unzufriedenheit ein: zu wenig gemeinsame Zeit, zu viele Pausen zwischen den Momenten, die wirklich zählen.
Doch was, wenn diese Unzufriedenheit nicht nur mit der Beziehung zu tun hat?Was, wenn sie viel tiefer reicht – und wir sie nur dort spüren, wo sie greifbar scheint?
Vielleicht lohnt sich eine andere Frage: Gibt es vielleicht längst nur noch eine Wochenendbeziehung zu mir selbst?
Montags bis freitags: funktionieren. Verpflichtungen erfüllen, Termine einhalten, den Alltag bewältigen. Und am Wochenende? Kurz durchatmen, das Leben spüren – und hoffen, dass es reicht bis zum nächsten Freitag.
Gerade Menschen, die unter der Woche stark gefordert sind und sensibel auf Reizüberflutung reagieren, brauchen das Wochenende und viel Ruhe, um sich zu erholen. Gleichzeitig möchte man natürlich auch etwas unternehmen, gemeinsame Zeit mit dem Partner verbringen und dort Energie und Aufmerksamkeit investieren. Und was ist mit dem Haushalt? Wenn dann bei einer Fernbeziehung noch eine längere Anreise oder die Rolle des Gastgebers hinzukommt, schrumpft die Erholung spürbar – und langsam beginnt ein Teufelskreis, der oft mehr mit den Umständen als mit der Beziehung selbst zu tun hat.
Denn aus dieser inneren Verbindung kann auch im Außen mehr Gelassenheit, Klarheit und Nähe entstehen – für uns selbst und für andere. Wenn wir unsere Beziehung zu uns selbst prüfen und pflegen, kann dies in der Beziehung mit anderen fruchtbar sein.

Diese innere Entkopplung zwischen Alltag und Echtheit bleibt oft unbemerkt – und doch spüren wir die Folgen. Ein Mangel an Tiefe, an Freude, an Verbindung. Nicht nur zu anderen, sondern zu uns selbst.
Ich habe zu diesem Gedanken eine Karte gestaltet:„Ich bin nicht mehr bereit, eine Wochenendbeziehung mit meinem Leben zu führen.“
Für alle, die sich manchmal selbst auf später verschieben – und sich mehr Nähe im Alltag wünschen.
Sie steht für den Entschluss, das eigene Leben nicht nur am Rand zu berühren, sondern wirklich zu gestalten. Für ein Umfeld, in dem wir uns täglich wohlfühlen dürfen – nicht erst am Freitagabend mit einer Flasche Bier oder dem Glas Wein in der Hand.
Aus dieser inneren Sortierung, aus diesem klaren Bewusstsein heraus, können auch äußere Beziehungen gelingen. Denn wer sich selbst nicht ständig auf später vertagt, ist auch im Heute anwesend – für sich und für andere.
Herzlichst
Lena